Virchow-Zitate
Virchow äußert sich zur Puerperalsepsis
Virchow tat sich erstaunlich schwer mit der Akzeptanz der epochalen Entdeckung Semmelweis´ (1847) vom Zusammenhang zwischen Sektionsübungen und dem Auftreten von Puerperalsepsis.
Erhalten gebliebene Mitschriften von Studenten, die Virchows Würzburger Vorlesungen (1849-1856) besuchten, reflektieren seine damalige Auffassung. So heißt es in einer Mitschrift:
„Die Wiener Schule hat in neuester Zeit den Puerperalfieberprozeß auf eine kadaveröse Infektion zurückzuführen gesucht, indem sie behauptete (Semmelweis), daß durch das Touchieren der medizinischen Studierenden, die vom Sektionstisch in die Gebäranstalt zu Explorationsübungen kamen, die Infektion ... der Gebärenden ... bewerkstelligt worden sei. Wenn aber auch durch diese Erfahrungen die Entstehung vieler Fälle von Puerperalfieber als kadaveröse Infektion erklärt worden ist, so folgt doch keineswegs, daß das Puerperalfieber immer durch solche Veranlassungen eingeleitet wird. Das Puerperalfieber steht vielmehr unzweifelhaft auch unter epidemischen Einflüssen, deren nähere Wirkungsweise wir freilich nicht kennen.“
Noch 1858 - also etwa 11 Jahre nach Semmelweis´ Entdeckung - bewies der 2 Jahre zuvor nach Berlin zurückgekehrte Virchow wenig Einsicht, als er sich in einem Vortrag vor der Berliner Gesellschaft für Geburtshilfe zu dem immer noch kontroversen Thema äußerte:
„Zwischen Herbst 1856 und März 1858 – 18 Monate – waren in der Charite 83 Todesfälle von Puerperalfieber vorgekommen. Man sieht also, daß es nicht dem Wundfieber an die Seite zu stellen ist, daß diese gegenteilig in den Sommermonaten ihre Höhe erreichen, und möchte der Grund vielleicht darin zu suchen sein, daß die Wochensäle, in dem Bestreben, jede Erkältung zu vermeiden, zu ängstlich geschlossen gehalten werden, und somit einen geeigneten Boden für die Ansammlung eines intensiveren Miasmas bilden.“
Der "Retter der Mütter" ärgerte sich begreiflicherweise über diese Stellungnahme und äußerte Virchow gegenüber massive Kritik in seiner 1860 erschienenen Monographie zum Thema.