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    Pathologisches Institut

    Persönliches

    Die Persönlichkeit Rudolf Virchows

    Mit seinem "scharfen und kalten Verstand" sowie "eisigen Enthusiasmus" war Virchow ein Forschertyp par excellence, viel weniger ein warmherziger akademischer Lehrer. Auch mangelte es seinem "festen, fast starren Charakter" an Humor oder gar Selbstironie. Seinen Kindern gegenüber zeigte er wohl mehr Strenge als Güte. Sehr häufig bekamen sie ihren Vater wegen seines gewaltigen Arbeitspensums jedoch nicht zu sehen. Virchows Würzburger Schüler und späterer Assistent Haeckel lernte seinen Lehrer und Chef im persönlichen Umgang gut kennen und schilderte in seinen Elternbriefen anschaulich den Charakter des berühmten Mediziners.

    Wenn Virchow auch keine persönliche Nähe zuließ und von seinen Studenten folgerichtig nur wenig geliebt wurde, so bewunderten und verehrten sie ihn um so mehr als hochinteressanten Lehrer und berühmten Forscher mit modernen politischen Auffassungen, zudem diese in vielen Punkten der herrschenden, restaurativen Politik zuwiderliefen und Gemeinsamkeiten mit den oppositionellen Strömungen der progressiven Burschenschaften erkennen ließen. Auch sein kämpferisches Engagement wirkte auf viele Zuhörer faszinierend.

    Wie groß und fest seine Anhängerschaft war, zeigte sich 1852 anläßlich seiner Ablehnung eines Rufes nach Zürich, als ihn die nahezu vollzählig versammelten Würzburger Medizinstudenten aus Dank für sein Bleiben mit einem Fackelzug ehrten.

    Virchows ungeheures Selbstvertrauen, mit dem er seine Anschauungen unbeirrt zu vertreten und durchzusetzen pflegte, grenzte an den Glauben der eigenen Unfehlbarkeit, weswegen er auch an seinen nicht eben seltenen Fehleinschätzungen trotz wachsender, gegenteiliger Evidenz unbelehrbar jahrzehntelang festhielt.

    Obwohl Virchow Medizin studiert hatte, zeitlebens als Mediziner arbeitete und Wert auf Umgang mit Kranken legte, war er nicht der Typ des praktischen Arztes, sondern ein ausgesprochener Naturwissenschaftler, der nicht nur in der Pathologie brillierte, sondern darüber hinaus auch auf so unterschiedlichen Feldern wie Hygiene, Medizingeschichte und Anthropologie. Derselbe Mann, der als Prosektor Hunderte von Leichen sezierte, engagierte sich gleichzeitig mit großem Engagement in der Sozialpolitik, von seiner revolutionären Agitation 1848 über die Mitbegründung der liberalen Fortschrittspartei bis hin zur langjährigen Mitgliedschaft im preußischen Abgeordnetenhaus und leidenschaftlichen Opposition zur Politik von Ministerpräsident Bismarck. Während seiner Würzburger Jahre mußte er sich jedoch aus der Politk heraushalten.