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    Pathologisches Institut

    Sektionstechnik

    Virchows sektionstechnische Postulate

    Im Verlauf von nahezu 1.000 Sektionen während seiner Zeit in Würzburg (1849-1856) bildete sich bei Virchow ein sektionstechnisches Schema heraus, das sich schließlich in Deutschland allgemein durchsetzte und 1875 in Preußen vom zuständigen Kultusminister per Verfügung zur Vornahme der Leichenschau amtlich vorgeschrieben wurde.Von besonderer Bedeutung waren Virchows Forderungen bzgl. Vollständigkeit, Reihenfolge und Protokoll der Sektion.

    • Vollständigkeit: Die bei der Leichenschau zu untersuchenden Organe bestimmte nach der damals gängigen Praxis der Kliniker. Folglich konnten Erkrankungen übersehen werden, wenn der behandelnde Arzt keinen diesbezüglichen Verdacht hegte. Solange sich die Pathologen daran hielten, war der Nutzen ihrer Autopsien für die Klinik begrenzt. Deswegen verlangte Virchow die Vollständigkeit der Leichenschau. Er hielt die Pathologen dazu an, die Leiche so gründlich wie möglich zu untersuchen. Mit dieser Forderung stieß Virchow bei seinen Kollegen vielfach auf wenig Gegenliebe. 1858 beklagte er sich in der „Vierteljahresschrift für gerichtliche und öffentliche Medicin“, daß auch künftig die Leichenschau auf die klinisch als krank erkannten Organe beschränkt bleibe. Noch 1864 lehnte der Chirurg Theodor Billroth in einem Brief an seinen Kollegen Friedrich Esmarch Virchows ausführliche Standardsektion ab. Ihr Ablauf ist mit humorvoller Poesie in einem Gedicht beschrieben, das 1894 in Straßburg am Pathologischen Institut des Virchow-Schülers Friedrich v. Recklinghausen entstand.
    • Reihenfolge: Damals war die Reihenfolge der Herausnahme und Untersuchung der Organe noch nicht standardisiert. Virchow übernahm von Handwerkern, die routinemäßig mit Kadavern arbeiteten, wie z.B. Metzgern, die Gewohnheit, bei der Aufarbeitung stets eine feste Reihenfolge einzuhalten, die er dann als allgemein gültiges Postulat für die Leichenschau aufstellte.
    • Protokoll: Ergänzend zu seiner Forderung nach vollständiger Autopsie setzte sich Virchow für detaillierte Protokolle ein, welche auch nicht-pathologische Befunde festhielten. Im Gegensatz dazu verzeichneten die dürftigen Protokolle vor seiner Zeit meist nur den Befund erkrankter Organe. Virchows Würzburger Protokollbücher blieben erhalten.